Kieler Nachrichten (INKIEL) am 2. April 2010
Caulius und die Liebe
Es ist Frühling und damit die Zeit der Liebe. Dumm nur für denjenigen bzw. diejenige, der bzw. die gerade nichts zum Knuddeln bei der Hand hat. Aber wir Kieler haben das große Glück, in der Stadt der Liebe zu wohnen. Wer hier alleine bleibt, der ist selber schuld. Venedig go home: Wir haben auch etwas, das aussieht wie der Campanile, haben auch Wasser in der Stadt und hatten bis in die 80er Jahre sogar Gondeln. Unglaublich aber wahr: Sucht man bei Google nach „Liebe“ und „Kiel“ gibt es 1.190.000 Treffer. „Liebe“ und „Venedig“ hat nur 578.000. Unser Stich!
Ich meine nicht nur die Einsamen-Herzen-Partys, Anzeigen in Stadtmagazinen und verzweifelte Balztänze auf Ü30-Feten. Selbst vermeintlich unschöne Beschäftigungen werden bei uns in Kiel für die Vorbereitung der Familienplanung genutzt. Highlight war diesen Winter das Single-Schneeschippen im Stadtteil Ravensberg. Ob es außer Straßen auch den Weg zum Herzen einiger Teilnehmer frei gemacht hat, ist nicht bekannt. Aber warum diese Idee nicht ausbauen? „Fensterputzen und Flirten“, „Miteinander Müllsammeln“ oder auch „Zusammen zum Zahnarzt“ - Gemeinsam einsam eben, oder auch nicht mehr danach.
Einige Jahre lang war das Speed-Dating im Regionalexpress zwischen Kiel und Altona am Valentinstag sehr beliebt. Dieser so genannte Flirt-Express war das Highlight für jeden Bahn-Fan, der Anschluss sucht. Die Weichen auf Liebe stellen, die Pendlerei beenden, Störungen im Betriebsablauf beheben und dann ohne Verspätung in den Bahnhof des Zusammenseins einfahren... doch ich komme ins Schwärmen. Heutzutage geht leider viel von der gefühlsschwangeren Stimmung verloren, wenn beim Betreten der neuen Doppeldecker Wagons die erste Frage lautet: Willst du oben oder unten?
Bei romantischen Typen sind da schon eher die Kieler Kuschelabende angesagt, seien sie öffentlich oder privat organisiert. Es gibt sie laut Meldungen der regionalen Presse wirklich: Dutzende Junggebliebene ab 30 auf heimischer Auslegewahre, die sich aneinander schmiegen, sich streicheln und dabei nur an Blümchen denken. Eine Herausforderung für Geist und Körper, die nicht jedermanns Sache sein dürfte.
Die ideale Veranstaltung für die Partnerfindung ist jedoch die Kieler Woche. Kaum irgendwo kann man Kielern so nah kommen, wie am zweiten Kieler-Woche-Samstag am Beginn der Kiellinie. Dass hier das zwangsweise Körperliche vor dem Gespräch steht, kommt wahrscheinlich vor allem vielen Männern entgegen. Eine gewisse Robustheit kann dabei jedoch nicht schaden. Zum Üben empfehle ich jedoch zunächst den Internationalen Markt, wenn gerade die Weather Girls oder Michy Reincke auf der Bühne stehen. Wird es einem dabei zu viel mit der Nähe, kann man immer noch Zuflucht bei der Geschirrrückgabe des Nepalesen suchen.
Caulius war mit seiner großen Liebe übrigens vor fast genau zehn Jahren beim ersten Date am Hindenburgufer und auf der Kiellinie. Schiffe schauen, weltmännisch das Ostufer erklären und beim ersten Regentropfen gemeinsam unter einen Schirm und notgedrungen zu ihr zum Aufwärmen. Alternativ hätte ich ihr sonst auch gerne meine Weihnachtsmarkt-Becher-Sammlung gezeigt. Die zieht immer. Wir Kieler haben es wirklich einfach einfacher mit der Liebe.
Findet
Euer und Ihr
Caulius